Fakten über Folgen, bevor...

Antworten
Phil

Fakten über Folgen, bevor...

Beitrag: # 2718Beitrag Phil »

Erst jetzt konnte ich die Schweizer Radiosendung über BIID hören. Gut gemacht!

Prof. Dr. Brugger sagt darin sinngemäß: "Wir müssen Fakten haben über das, was danach kommt, bevor wir..." Amputationen zulassen etc.

Ich mag Herrn Brugger wirklich gern, aber das ist doch unlogisch. Er sagt: Erst muss man wissen, was nach einer Amputation kommt, bevor man sie macht. Nur wird man das ohne Amputationen halt nie erfahren.

Wir werden also von der offiziellen Forschung unausgesprochen auf die Menschen verwiesen, die zu gefährlichen Mitteln gegriffen oder im Ausland einen Arzt gefunden haben, der logischer denkt. Glücklicherweise haben sich einige dieser Menschen bereiterklärt, Auskunft zu geben. Ich bin gespannt auf die Forschungsergebnisse von Sarah Noll und Prof. Erich Kasten (Lübeck) zu "erfolgreichen Wannabes".

Davon abgesehen, wird ja bald kaum noch über BIID geforscht werden, wenn Prof. Kastens Stelle wegfällt.

Die Aussage von einem generell so aufgeschlossenen Menschen wie Brugger macht mir deutlich, dass in absehbarer Zeit im deutschsprachigen Raum nicht viel für Menschen mit BIID zu erwarten ist.
Benutzeravatar
Humpelstilzchen
Beiträge: 310
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 00:38
Wohnort: DE

Re: Fakten über Folgen, bevor...

Beitrag: # 2719Beitrag Humpelstilzchen »

phil hat geschrieben: Ich mag Herrn Brugger wirklich gern, aber das ist doch unlogisch. Er sagt: Erst muss man wissen, was nach einer Amputation kommt, bevor man sie macht. Nur wird man das ohne Amputationen halt nie erfahren.
Für einen Psychiater/Neurologen/whatever ist das schon logisch. Er kann eine Amputation nicht empfehlen, wenn er nicht weiß, wie das Ergebnis ist. Bei einem Chirurgen ist das anders, der Chirurg kann abschätzen, welche Folgen eine OP mit hoher Wahrscheinlichkeit hat. Der Chirurg schätzt die "technischen" Folgen ab, das kann er. Der Psychiater/Neurologe/whatever kann die emotionalen/psychologischen Folgen nur schwer abschätzen.
phil hat geschrieben: Die Aussage von einem generell so aufgeschlossenen Menschen wie Brugger macht mir deutlich, dass in absehbarer Zeit im deutschsprachigen Raum nicht viel für Menschen mit BIID zu erwarten ist.
Kommt darauf an, was deine Erwartungen sind. Was sind denn deine Erwartungen an die Forscher? Psychotherapeuten gibt es viele und auch Frau Thiel sagt, dass man mit BIID auch zu jedem Therapeuten gehen kann. Eine Empfehlung für eine Operation dagegen wird man eher nicht bekommen. Es kommt halt auf die Erwartungen an. Für die Wannabes, die den letzten Schritt gehen wollen ist halt Eigeninitiative gefragt, das war vorher so und wird auch in der Zukunft so sein. Aber ich halte es für möglich, dass ein mutiger Chirurg einen BIIDler auch operiert ohne eine psychologisches Gutachten zu haben. Und es gibt Stimmen, dass OPs bei Wannabes schon längst legal sind. Also einfach mal die Chirurgen abklappern und das kann man auch ganz ohne Forscher am Rockzipfel.
Always be yourself. Those who matter won't mind, those who mind, don't matter!
Benutzeravatar
wannabeCH
Beiträge: 2370
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 17:34

Re: Fakten über Folgen, bevor...

Beitrag: # 2720Beitrag wannabeCH »

Ich denke, dass Prof. Dr. Brugger damit meint, bevor Amputationen bei BIID-Patienten legal werden können. Also so wie zum Beispiel bei GID mt den Geschlechtsumwandlungs-Operationen.

Es gibt ja mittlerweile einige Erofolgreiche, bei denen die "Folgen" der Amputation erforscht werden können.

Er kann in einem Interview nicht sagen: "Wir probieren es mal bei 10 Leuten aus und forschen dann die "Folgen"". Das würde die Oeffentlichkeit sicher nicht dulden und somit die Forschungsgelder noch mehr gestrichen.

Aber ich befürchte auch, dass die Forschung im deutschsprachigen Raum ins Stocken gerät mit der Auflösung der Stelle von Prof. Erich Kasten.
rayon
Beiträge: 723
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 09:23

Re: Fakten über Folgen, bevor...

Beitrag: # 2721Beitrag rayon »

auch ich habe ja an dieser studie teilgenommen, obgleich ich ja da einwenig ein exot bin als querschnitzel und zudem noch als unfallfolge.
allerdings hoffe ich trotzdem dass ich meiner freude und glück dabei ausdruck verleihen konnte und dies auch in die studie einfließen kann.
und dass sind einfach gesagt diese fakten.
ich feiere in einer guten woche meinen 2-ten geburtstag im neuen leben (meinen biologischen 49-ten habe ich gut 3 wochen schon hinter mir) und bin von tag zu tag, von woche zu woche usw glücklicher mit meinem neuen leben, ...und wenn das nix ist!?
zu dem zeitraum in dem op´s ähnlich GID durchgeführt werden, schätze ich mal vorsichtig auf jetzt noch nicht unter 30 jahren, ...eher 50.
ich habe das schon vor jahren so gesehen und dass ich selbst ja wohl nichts mehr von den früchten ernten werde (gottseidank ist mir alles ja zwischenzeitlich irgendwie geschenkt worden), aber trotzdem muss die forschung, die öffentlichkeitsarbeit usw weitergehen damit überhaupt mal jemand davon profitieren kann.
da darf man natürlich nicht nur eigennützig denken, sondern die saat für die nächste generation der BIID-betroffenen sähen damit evtl diese mal die früchte ernten können.
...ist halt so und braucht seine zeit (war ja bei GID auch so!) da muss man einfach realistisch bleiben, aber natürlich auch ein aufruf gerade an die ganz junge generation hier. ihr tut es für euch!
lg, rayon
LAK1210
Beiträge: 1762
Registriert: Sa 15. Jan 2011, 16:27
Wohnort: Rheinland

Re: Fakten über Folgen, bevor...

Beitrag: # 2722Beitrag LAK1210 »

Ich denke auch, dass Peter Brugger öffentlich anders redet (reden muss), um sich nicht in die Nähe der Befürwortung von 'illegalen' Praktiken zu stellen. Seine Aussage ist insofern anders als uns gegenüber. Ich habe ihn wenige Tage nach meiner Amputation angerufen und er war sehr erfreut, dass es mir so gut geht. Er hat mir gegenüber überhaupt nicht den Anschein erweckt, er redete mir nach dem Mund. Seine Freude über meine Freude war ehrlich und unverkennbar.

Auch Erich Kasten äußert sich öffentlich anders zu dem Thema als unter vier Augen.

Womit beide Recht haben ist, dass man mehr wissen muss, über die, die es geschafft haben. Ich hoffe, dass bald noch mehr dazukommen und bereit sind, für die Forschung - so es noch eine geben wird - zur Verfügung stehen.

Lg vom L A K
Die Körperbehinderung jetzt ist ein Witz gegen das Leiden unter BIID!
Antworten