"Work-Life-Balance"

[Hannahkrücke]

Hallo an alle,

ich bin Hannah, Studentin und habe etwa vor einem Jahr meine Neigung zum Pretenden entdeckt Ich würde mich der Fraktion Krücken und orthop. Schuhe zuordnen. Die beiden Male, in denen ich vor anderen Leuten so getan habe, als sei ich behindert, habe ich als wunderschön in Erinnerung. Ich habe mich einfach "komplett" und erfüllt gefühlt. Der Schuh, die Krücken, die Aufmerksamkeit, die ich von anderen Leuten bekommen habe.. Ein Traum. Sofort nach dem ersten Versuch, wollte ich es ein zweites Mal probieren. Natürlich musste ich ein bisschen Zeit vergehen lassen, um nicht aufzufallen. Außerdem brauchte ich eine neue Story. Dennoch möchte ich mich unbedingt mehr so in der Öffentlichkeit zeigen, wie es mein Verlangen mir vorschreibt: einfach behindert (oder normal, wenn man es so sieht).
Das einzige Problem: Das ganze humpeln, Krücken etc., passt überhaupt nicht in meinen Lebensstil. Ich mache regelmäßig Sport, gehe ins Fitnessstudio, spiele Tennis. Außerdem kennen mich die Leute als eine Person, die gerne zu Fuß geht usw. Jede Art von Behinderung ist wie ein Stoppschalter. Und gerade Sport kann man ja auch nachdem man die Krücken weggelegt hat, nicht einfach so wieder anfangen. Eine weitere Sachen ist mein Selbstbewusstsein, das auch nicht das größte ist Eine skeptische Frage, ein schräger Blick, und ich komme in gewaltige Erklärungsnot. Ich möchte auf keinen Fall als Schwindlerin dastehen. Ich mag meine Freunde wirklich sehr und mir vorzustellen, mir wochenlang von ihnen helfen zu lassen, obwohl ich ja gar nichts habe, macht mich etwas beschämt.

Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Habt ihr feste Zeiten, zu denen ihr behindert seid? Wie haltet ihr euer Verlangen in Schach, wenn ihr aktuell einfach nicht pretenden könnt? Vielleicht habt ihr ja ein paar Erfahrungsberichte und Ratschläge für mich

Liebe Grüße und Danke im Voraus!

[MartinNbg]

Wahrscheinlich gibt es da nur eines: Trennung zweier Leben. Bleib bei Deinem sportlichen Ich im normalen Leben – und genieße Krücken etc. irgendwo, wo dich keiner kennt, ab und zu. So mache ich es. Ich bin immer mal in Berlin und freue mich, dass man dort ohnehin so ziemlich alles darf, ohne blöd aufzufallen.

[christof5]

Am Vormittag auf Krücken und am Nachmittag am Tennisplatz wird man (nicht oft) erklären können, außer Du probierst Rollstuhltennis Eine simulierte Verletzung, die Dich zu Krücken zwingt, wäre eh zeitbegrenzt, aber plausibel lang wirst Du schon konsequent dabei bleiben müssen. Ich sehe pretenden nicht als "schwindeln" an, wenn es für Dein psychisches Befinden von so großer Bedeutung ist, verstehe aber jeden, dem nicht wohl dabei ist. Würdest Du wirklich so viel Hilfe von Dritten brauchen? Wenn Pretenden Dir so gut tut, überlege, Deinen Lebensstil an eine geänderte Realität auf Krücken heranzuführen (auf Krücken im Fitnessstudio geht schon, mit Handicap trainierst Du halt anders).
Sonst bleibt nur, wie von Martin geschrieben: ein Doppelleben öffentlich, und sonst pretenden nur privat/alleine (was, aus eigener Erfahrung, auch hilft).
LG Christof